„Das Internet vergisst nie“

In der Zeit der zunehmenden Digitalisierung der Vorgänge der zwischenmenschlichen und generell gesellschaftlicher Kontakte, sind bereits seit Jahren bedenkenswerte Entwicklungen zu beobachten. Noch nie war es so einfach ein Foto oder ein Video einer breiten Masse an Rezipienten zugänglich zu machen. Der exorbitanten Häufung der Verletzungen von Persönlichkeitsrechten durch Veröffentlichung von Fotos oder Videos von Privatpersonen kann kaum noch präventiv begegnet werden. Ein reaktives Entfernen der Aufnahmen aus dem Web, ist nach Eintritt der Verletzung solcher Rechte grundsätzlich nicht mehr möglich. Frei nach dem Motto „Das Internet vergisst nie“, finden sich in den Weiten des WWW unzählige freiwillige und unfreiwillige Aufnahmen von Menschen. Darunter befindet sich auch Material, welches das Potential hat das öffentliche Ansehen der Betroffenen stark zu beeinträchtigen; falls dieses nicht bereits geschehen ist. Von Dritten geschossene Nacktfotos / Nacktaufnahmen, Aufnahmen beim Geschlechtsakt oder vom Betroffenen selbst aufgenommenes Material findet den Weg unwiderruflich in das Internet und verfolgt die Betroffenen im schlimmsten Fall ein Leben lang.

DIE TYPISCH SCHWEREN FÄLLE SIND GRUNDSÄTZLICH FOLGENDERMASSEN ANGELEGT

  • Nach der Trennung veröffentlichen die Ex-Partner, zuvor unter oder ohne Einwilligung getätigte Nacktaufnahmen / Nacktfotos der Betroffenen;
  • die Betroffenen verschicken von sich selbst private Aufnahmen, welche ungewollt in den Umlauf kommen
  • der Betroffene wird ohne Einverständnis, oft heimlich, entblößt oder während des Geschlechtsaktes aufgenommen
  • Paparazzi nehmen heimlich Videos und Bilder von Personen des öffentlichen Lebens auf und lassen diese gegen Entgelt veröffentlichen

Was kann bei Veröffentlichung von Nacktfotos unternommen werden?

Klar ist, dass Aufnahmen jedweder Art nicht mehr aus dem Internet entfernt werden können. Durch die Indexierung Seitens der Suchmaschinen wie Google oder Bing und die Weiterverbreitung durch die Benutzer der sozialen Netzwerke wie Facebook oder YouTube werden Informationen „unsterblich“. Einfaches Abwarten bis die Aufnahmen ihre Relevanz verlieren oder aus dem sozialen Netzwerk entfernt werden und dadurch nur noch schwer im Internet aufzufinden sind, ist sicherlich eine Option. Die Relevanz, insbesondere bei Nacktaufnahmen / Nacktfotos, kann jedoch weiterhin aufrecht erhalten werden, durch Maßnahmen wie erneutes Hochladen und weiteres Verbreiten auf kleineren sozialen Portalen. Besonders stark trifft es Personen die ohnehin schon in der Öffentlichkeit stehen, wie es an dem aktuellen Fall von Gina Lisa Lohfink (Stand: 18.07.2016) erkennbar wird; die Relevanz der dort veröffentlichten Aufnahmen hat durch den „Medienrummel“ nicht nur zugenommen, vielmehr wird eine Stagnation in naher Zukunft nicht zu erwarten sein.

Doch was können Betroffene unternehmen? Steht diesen eine Entschädigung zu? Die Rechtsprechung auf diesem Gebiet befasste sich bereits mit diversen Fällen; auch bedeutend harmloseren als die oben Beschriebenen.

So entschied das Landgericht Düsseldorf im Jahre 2011, dass selbst Personen die im Rahmen einer Kunstaktion freiwillig vollständig unbekleidet Modell standen, ohne Einwilligung nicht in einem öffentlichen Programmheft abgebildet werden dürfen (LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2011 – Az.: 12 O 438/10). Das Gericht erachtete in diesem Fall ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 € als angemessen; die Erstattung der Rechtsanwaltskosten, die Herausgabe der Aufnahmen und eine Unterlassung für die Zukunft von Seiten der Beklagten wurde der Betroffenen ebenfalls zugesprochen.  In einem anderen Fall hat das Landgericht Berlin im Jahre 2006 entschieden, dass selbst die Herstellung eines Eintrages, welcher in einer Suchmaschine auftaucht, der den Eindruck vermittelt dort befänden sich Nacktfotos einer bestimmten Person, reicht aus um eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu bejahen (LG Berlin, Urteil vom 01.06.2006, Az.: 27 O 146/06). Auch hat das Gericht im gleichen Atemzug ausgesprochen, dass dem Betreiber einer Suchmaschine im Einzelfall zumutbar ist, auf diesbezügliche Abmahnungen zu reagieren und die besagten Einträge wieder zu löschen, soweit es die technischen und finanziellen Ressourcen des Betreibers nicht überlastet. Und das alles obwohl tatsächlich keine Nacktaufnahmen der Betroffenen im Internet existierten. Im Jahre 2001 entschied das Landgericht Hamburg, dass einer Person des öffentlichen Lebens eine Geldentschädigung in Höhe von 150.000,00 DM zusteht. Veröffentlicht wurden von der Betroffenen Paparazzi – Fotos im unbekleideten Zustand beim Familienurlaub (LG Hamburg, Urteil vom 20.07.2001, Az.: 324 O 68/01).

Wie zu erkennen ist, sind sich die Gerichte der stets aktuellen Problematik durchaus bewusst. Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen, Schmerzensgeldansprüchen oder Schadensersatzansprüchen nach den §§ 823 , 1004 , 249 , 253 BGB ist im Grundsatz ohne Weiteres denkbar. Da es sich auch regelmäßig um strafrechtlich relevantes Verhalten im Rahmen solcher Veröffentlichungen handeln kann, kann eine Strafanzeige ebenfalls geboten sein.

In solchen Fällen kann dem Betroffenen nur angeraten werden umgehend einen Anwalt einzuschalten. Die Zeitkomponente in Fällen von Veröffentlichungen von Nacktbildern und Nacktaufnahmen bei Facebook – Google – Youtube oder bei anderen Portalen ist ein entscheidender Faktor.

Wir übernehmen gerne Ihre Interessenvertretung außergerichtlich sowie auch gerichtlich in vergleichbaren Fällen.

Weiterführende Information finden Sie in unserem Seitenbereich zum Schmerzensgeld und Schadensersatz

Direktlink zum Beitrag:

https://www.kanzlei-posikow.de/blog/schmerzensgeld-und-schadensersatz-bei-rechtswidriger-fotoveroeffentlichung