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Jeder Käufer steht früher oder später davor zu entscheiden, ob das Fahrzeug von einem privaten Verkäufer oder von einem gewerblichen PKW-Händler zu erwerben. In beiden Fällen sind die Anpreisungen von Autohändlern häufig nicht belastbar. Oft sind sie sogar weit von der Wahrheit entfernt, gerade bei Gebrauchtwagenhändlern. Nicht selten liegt eine arglistige Täuschung beim Autokauf vor. Das trifft insbesondere auf Behauptungen von Gebrauchtwagenhändlern zu, die von diesen ins Blaue hinein getroffen werden. Besonders ärgerlich wird es für den Kunden des Autohändlers, wenn sich das vermeintliche Traummobil im Laufe der Zeit – oft schon nach wenigen gefahrenen Kilometern – als Schrottkiste herausstellt. Von einem Vorschaden aus einem verschwiegenen Unfall, einer Manipulation des Tachometers zur Optimierung des Kilometerstands bis hin zur verschwiegenen Vorgeschichte als gestohlenes Fahrzeug, die Liste möglicher böser Überraschungen beim Gebrauchtwagenkauf ist lang. Hinterher entpuppt sich der vom Gebrauchtwagenhändler als so gut angepriesener Gebrauchtwagen als minderwertig bis wertlos, der vermeintlich günstige Kaufpreis als überteuert bis wucherisch. Doch es gibt Möglichkeiten bei einer solchen arglistigen Täuschung wieder an sein Geld zu kommen und gegen den Autohändler vorzugehen.

Arglistige Täuschung

Es gibt für dieses Verkäuferverhalten solcher Autohändler einen Rechtsbegriff: Arglistige Täuschung.

Arglistig täuscht im Sinne des § 123 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wer einen Irrtum bei seinem Gegenüber hervorruft, bestärkt oder bestehen lässt und sich dabei zumindest damit abfindet, dass sein Gegenüber den PKW unter falschen – für den Verkäufer insofern günstigen – Vorstellungen eben und gerade aufgrund der arglistigen Täuschung kauft. Hierbei wird der Irrtum vermittelt durch die falschen Vorstellungen nicht selten dadurch erzeugt, dass schlichtweg eine wichtige Eigenschaft des PKW vom Autohändler arglistig verschwiegen wird. Auch dann liegt eine arglistige Täuschung vor.

Hierbei vertrauen Autokäufer oft darauf, dass der Gebrauchtwagenhändler den Autokäufer auf die für ihn wichtigen Eigenschaften schon hinweisen werde, erst recht wenn der Autokäufer den Autohändler explizit danach fragt. Schließlich ist der KFZ-Händler rechtlich sogar verpflichtet, alle wesentlichen Eigenschaften, die für die Kaufentscheidung erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind, auch ohne, dass danach gefragt wird, erst recht, wenn danach gefragt wird, offenzulegen. Das kann etwa die Eigenschaft als Unfallwagen sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 253/05 –), dass das Fahrzeug vorher als Taxi oder Mietwagen genutzt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1976 – VIII ZR 33/74 –) oder die unzulässige Ausstattung mit einer grünen Umweltplakette (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2016 – I-2 U 87/14 –). Auch insoweit ist eine arglistige Täuschung möglich.

Wichtig ist, dass der KFZ-Händler wusste, dass der Käufer einem Irrtum unterliegt und das bei der arglistigen Täuschung zumindest billigend in Kauf nahm. Im Falle von Offenlegungspflichten und Aufklärungspflichten muss sich der Autohändler bei seiner arglistigen Täuschung also damit abgefunden haben, dass er den Käufer auf eine für ihn kaufentscheidende Tatsache nicht hinwies, obwohl er als Autohändler nach Treu und Glauben dazu verpflichtet gewesen ist.

Wenn also ein Gebrauchtwagenhändler einen Gebrauchtwagen als etwas anpreist, muss er sich vorher darüber Gedanken machen. Tut der KFZ-Händler das nicht und behauptet ins Blaue hinein Tatsachen, die nicht zutreffen, rechnet er mit der möglichen Unrichtigkeit seiner Angaben und handelt damit vorsätzlich, begeht also als Autohändler eine arglistige Täuschung (vgl. BGH, Urteil vom 06. November 2007 – XI ZR 322/03). Sogar seine Gutgläubigkeit schließt die arglistige Täuschung nicht aus, wenn der Gebrauchtwagenhändler das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offenlegt (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2006 – VIII ZR 209/05).

Kommt heraus, dass Sie Opfer einer arglistigen Täuschung durch einen KFZ-Händler geworden sind oder dass der Gebrauchtwagenhändler wesentliche Eigenschaften des PKW arglistig verschwiegen hat, wenden Sie sich an die Kanzlei Posikow.

Verschleiß oder schon ein Mangel?

Ob mit oder ohne arglistige Täuschung, ärgerlich ist ein Autokauf in jedem Fall, wenn sich der PKW oder Autoteile als defekt herausstellen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Mängeln, mit denen nicht zu rechnen gewesen ist, und denjenigen altersbedingten Verschleißerscheinungen, die nun einmal typischerweise trotz Wartungen auftreten. Wesentliches Merkmal für die Unterscheidung zwischen typischem Verschleiß und Mängeln ist das vertraglich Vereinbarte mit dem Autohändler. Tritt ein Defekt auf, obwohl vertraglich vereinbart war, dass ein solcher Defekt nicht auftritt, liegt ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, z.B. wenn sich ein Autoteil also als defekt herausstellt aber als funktionstüchtig vom KFZ-Händler beschrieben wurde. Wenn der Vertrag zu einem Defekt schweigt, dann ist entscheidend, wie gravierend der Defekt ist. Ist das Fahrzeug infolge des Defekts schon gar nicht fahrtüchtig oder sonst wie zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung – eben im Straßenverkehr – nicht geeignet, ist ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zu bejahen. Auch ist ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB zu bejahen, wenn ein solcher Defekt bei einem vergleichbaren üblichen Gebrauchtwagen typischerweise nicht erwartet werden kann. Verschleiß liegt hingegen bei Alterserscheinungen vor, wenn damit typischerweise auch bei vergleichbaren Gebrauchtfahrzeugen, auch anderer Gebrauchtwagenhändler, zu rechnen ist. Wenn es keine Beschaffenheitsvereinbarung für das betroffene Autoteil gibt, muss sich der Käufer mit einem solchen Verschleiß abfinden und ggf. entsprechende Teile auf eigene Kosten reparieren.

Für Mängel hat der PKW-Händler nur einzustehen, wenn diese bei Übergabe des Gebrauchtwagens (sog. „Gefahrenübergang“ nach § 446 S. 1 BGB) vorlagen.

Bei Sachmängeln im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagenkauf gilt es, die Rechtsprechung hierzu – insbesondere des 8. Zivilsenats des BGH – genau im Blick zu behalten. So kann die Eigenschaft „Unfallwagen“ wie gesagt etwas sein, was arglistig verschwiegen wurde und was damit die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ermöglicht. Die Angabe „Das Fahrzeug ist unfallfrei (laut Vorbesitzer)“ stellt hingegen keine Beschaffenheitsvereinbarung dar, sondern lediglich eine Wissensmitteilung der Angaben des Vorbesitzers an den Gebrauchtwagenhändler mit dem Ergebnis, dass die Unfallfreiheit des Wagens nicht vereinbart wurde, sich aus der Unfalleigenschaft also nicht per se ein Sachmangel ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 – VIII ZR 287/09 und BGH, Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 253/05). Es gilt also genau auf den Kaufvertrag zu schauen.

Neben Sachmängeln im Sinne des § 434 BGB gibt es auch sog. Rechtsmängel nach § 435 S. 1 BGB. Eine internationale Fahndungsausschreibung nach einem gestohlenen Gebrauchtwagen im sog. Schengener Informationssystem („SIS“) ist ein solcher Rechtsmangel (vgl. BGH, URteil vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 234/15 -).

Ist der Mangel erheblich?

Entscheidend für das Vorgehen gegen den KFZ-Händler ist neben der Frage, ob eine arglistige Täuschung begangen wurde, auch, ob der Mangel erheblich ist. Ist er es nämlich nicht und handelte der Autohändler auch nicht arglistig, so fallen ein Rücktritt und ein Schadensersatz statt der ganzen Leistung als Möglichkeit von vornherein weg. Das ergibt sich aus § 323 Abs. 5 S. 2 BGB bzw. aus § 281 Abs. 1 S. 3 BGB. Ist der Mangel zwar unerheblich, aber vom PKW Händler arglistig verschwiegen worden, so kann sich der Autohändler nicht auf die Unerheblichkeit berufen (vgl. BGH Urteil vom 24.03.2006, Az: V ZR 173/05). Das heißt neben der Anfechtung, bleiben der Rücktritt und die Geltendmachung des sog. großen Schadensersatzes weiterhin im Topf der Möglichkeiten, aus denen der Autokäufer schöpfen kann, um gegen den Autohändler vorzugehen.

Beispiele für erhebliche Mängel

Ob ein Mangel erheblich ist oder nicht, kann nur im Einzelfall ermittelt werden aus der Abwägung der gegenläufigen Interessen.

Im Grundsatz gilt, dass bei einem Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung der Mangel im Regelfall erheblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – VIII ZR 374/11 -).

Für die Erheblichkeit kommt es nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung, sondern auf die Kosten der Mängelbeseitigung an (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10 -).

Demnach ist ein Mangel jedenfalls dann erheblich ist, wenn er über der sog. Bagatellgrenze liegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Reparaturkosten zur Mangelbehebung 5% des Kaufpreises übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13 -).

Ein Mangel ist demnach jedenfalls dann unerheblich, wenn die Wertminderung unter 1% des Kaufpreises liegt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 253/05).

Bei einem Kraftstoffmehrverbrauch liegt hingegen die Erheblichkeitsgrenze bei 10% (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 – VIII ZR 19/05).

Die Beurteilung der Erheblichkeit richtet sich folglich nicht allein und ausschließlich nach der 5% Grenze, sondern nach der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 242/16).

Auf den Reparaturaufwand kommt es dann nicht an, wenn die Höhe der Reparaturkosten gar nicht absehbar sind, etwa weil die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10 -). Ein demnach erheblicher Mangel wird dann auch nicht nachträglich zu einem geringfügigen, nur weil sich nachträglich herausstellt, dass er mit verhältnismäßig geringerem Aufwand behoben werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2011 – VIII ZR 139/09). Es kommt auf ihn ausnahmsweise auch dann nicht an, wenn die Behebung eines kleinen Mangels zwar möglich, aber mit unverhältnismäßig hohen Kosten im Vergleich zur mit ihm einhergehenden Funktionsbeeinträchtigung verbunden ist.

Gewährleistungsausschluss – Geht das denn?

Im B2B Bereich kann ein Gewährleistungsausschluss ohne Weiteres vereinbart werden. Nur im Falle der arglistigen Täuschung bzw. einer Beschaffenheitsgarantie seitens des Gebrauchtwagenhändlers geht das selbstverständlich gemäß § 444 BGB nicht. Selbiges gilt im C2C Bereich, also beim PKW Privatverkauf.

Der Umfang eines solchen Haftungsausschlusses geht nur soweit, wie keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB mit dem Autohändler getroffen worden ist. Bei einer vertraglich zugesicherten Beschaffenheit kann sich der KFZ-Händler damit – auch im B2B Geschäft – nicht auf einen Haftungsausschluss berufen.

Einen Gewährleistungsausschluss gilt es genau auszulegen. Wurde er nur für Sachmängel oder auch für Rechtsmängel vereinbart? Wurden nur gewisse Arten der Mängelgewährleistung ausgeschlossen, andere aber schon gar nicht erst umfasst? So kann es etwa sein, dass die Nacherfüllung durch den Autohändler nicht vom Haftungsausschluss umfasst ist. Es ist hierbei grundsätzlich eng auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2017 – VIII ZR 233/15). Bei einem Gewährleistungsausschluss durch sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des KFZ-Händlers ist zusätzlich § 309 Nr. 8 lit. b BGB zu beachten.

Im Vertragsverhältnis zwischen gewerblichem Händler und Privatkäufer ist es im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne des § 474 BGB jedenfalls nicht möglich, die Gewährleistung gänzlich auszuschließen. Ein Gewährleistungsausschluss durch AGB des KFZ-Händlers ist nach § 476 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht zulässig. Ein entsprechender Gewährleistungsausschluss wäre deshalb jedenfalls nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Es gilt nach § 476 Abs. 1 S. 2 BGB hierbei zudem das sog. „Verbot der geltungserhaltenden Reduktion“. Das heißt, ein unwirksamer Gewährleistungsausschluss kann in einem solchen Fall nicht durch einen (gerade noch) wirksamen ersetzt werden. Wirksam wäre etwa – auch per Individualvereinbarung – der Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz, wie sich aus § 476 Abs. 3 BGB ergibt. Wirksam wäre bei einem Gebrauchtwagenkauf auch eine Verkürzung der Verjährung auf 1 Jahr gemäß § 476 Abs. 2 BGB. Diese Möglichkeiten hat der Gebrauchtwagenhändler durchaus.

Wer muss den Mangel beweisen?

Bevor das Auto an den Käufer übergeben wird, ist es Sache des Gebrauchtwagenhändlers als Verkäufer, darzulegen und zu beweisen, dass keine Mängel vorliegen. Da sich Mängel jedoch regelmäßig erst nach der Übergabe, also nach dem sog. „Gefahrenübergang“ nach § 446 S. 1 BGB zeigen, ist es grundsätzlich der Käufer, der diese im Prozess beweisen muss. Das gilt uneingeschränkt im B2B Bereich, wenn also der Käufer das Auto als Unternehmer von einem Gebrauchtwagenhändler, also ebenfalls einem Unternehmer, erwirbt.

Handelt es sich jedoch um einen sog. Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB, hat also der Käufer das Fahrzeug zu privaten Zwecken B2C erworben, gilt zu seinen Gunsten eine sog. „Beweislastumkehr“. Diese ist in § 477 BGB in Umsetzung der sog. europarechtlichen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie fest verankert. Daraus ergibt sich vereinfacht gesagt, dass vermutet wird, dass eine Kaufsache, bei der sich innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe ein Mangel zeigt, von Anfang an mangelhaft gewesen ist. Es sei denn, die Art des Mangels lässt diese Vermutung nicht zu, etwa wenn der Mangel dem Käufer schon bei der Übergabe offensichtlich erkennbar gewesen sein muss (sog. evidenter Mangel), z.B. bei einem zerkratzten Kotflügel. Es reicht nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 04. Juni 2015 – C-497/13) und nunmehr auch des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2016 – VIII ZR 103/15), dass ein mangelhafter Zustand auftritt, der auf einem vorherigen Mangel als Ursache des mangelhaften Zustandes bzw. „Symptoms“ beruht. Das heißt, sogar wenn das Symptom ganz offensichtlich erst nach Übergabe der Kaufsache eingetreten ist, reicht es aus, dass sich dieses Symptom als Mangelerscheinung innerhalb besagter 6 Monate ab Übergabe gezeigt hat. Es wird dann unterstellt, dass es seine Ursache in einem vom Verkäufer zu vertretenen „Urmangel“ hat. Das heißt der Käufer muss weder darlegen noch nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch nicht einmal, dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Es wird also schlichtweg vermutet, dass der mangelhafte Zustand im Ansatz schon bei der Übergabe bestanden hat. Das zu widerlegen, ist dann Sache des Autohändlers als Verkäufer.

Ist streitig, ob ein Mangel erheblich ist oder nicht, ist es der Autohändler, also der Verkäufer, der die Unerheblichkeit des Mangels im Sinne des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB bzw. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB beweisen muss (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 242/16).

Welche Möglichkeiten habe ich gegen den Autohändler?

Die Möglichkeiten, gegen den Autohändler vorzugehen, sind vielfältig, sowohl bei arglistiger Täuschung, als auch ansonsten.

Möglichkeiten unabhängig von arglistiger Täuschung

Handelte der KFZ-Händler nicht arglistig – hat er also keine arglistige Täuschung begangen bzw. einen Mangel arglistig verschwiegen – so ist für das weitere Vorgehen entscheidend, ob es sich beim PKW um einen Neuwagen oder einen Gebrauchtwagen handelte. Bei einem Neuwagen geht es dem Käufer nämlich in der Regel um irgendein Auto des Modells X des Herstellers Y mit den Eigenschaften Z. Dasselbe gilt in der Regel für einen Jahreswagen. Anders ist es jedoch in der Regel bei einem Gebrauchtwagen, weil ein solcher regelmäßig „individualisiert“ ist. Das ist es etwa durch Merkmale, über die sich die Parteien konkret einigten, durch im Einzelfall spezifische Gebrauchsspuren und durch ein entsprechendes Entscheidungsverhalten, wie etwa die Kaufentscheidung infolge einer Probefahrt, dass davon auszugehen ist, dass es um dieses eine Auto, um dieses eine „Stück“ geht. In solchen Fällen spricht man deshalb auch von einer sog. „Stückschuld“.

Hierbei ist es im Kaufrecht grundsätzlich erforderlich, dem Verkäufer die Möglichkeit der sog. Nacherfüllung gemäß § 439 BGB unter angemessener Frist einzuräumen. Das ist das sog. „Recht zur zweiten Andienung“, also das Recht, als Verkäufer die Gelegenheit zu bekommen, nach Wahl des Käufers die Kaufsache zu reparieren oder neu zu liefern. Nur ist es bei Gebrauchtwagen regelmäßig so, dass sich die versprochene oder zu erwartende Beschaffenheit nicht nachträglich herstellen lässt. Aus einem Unfallwagen lässt sich nunmal kein unfallfreier Wagen machen, der Unfall lässt sich nicht rückgängig machen. Bei einer solchen Stückschuld ist die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB schon unmöglich. Das heißt, man kann auch ohne vorher Frist zur Nacherfüllung setzen zu müssen, vom PKW-Kauf zurücktreten bzw. Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

Das ist aber – wie bereits dargelegt – grundsätzlich nur bei einem erheblichen Mangel möglich. Ist der Mangel nicht erheblich, kann der Käufer lediglich den Kaufpreis mindern – im Ergebnis also regelmäßig den mangelbedingten Minderwert erstattet verlangen – oder einen sog. kleinen Schadensersatz fordern, der im Ergebnis der Minderungssumme entspricht.

Ist der Mangel hingegen erheblich, so stehen dem Käufer der Rücktritt und der sog. große Schadensersatz, also „statt der Leistung“ zu.

Tritt der Käufer vom PKW-Kauf zurück, so kann er Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises jedoch nur „Zug-um-Zug“ gegen Rückgabe des PKW verlangen. Der Käufer muss das Auto jedoch nicht zurück zum – oftmals weit entferntem – Händler bringen. Entscheidend ist vielmehr der sog. „Belegenheitsort“, wo sich also das Auto befindet. Das ist in der Regel der Wohnsitz des Käufers. Der Käufer muss dem KFZ-Händler folglich nur anbieten, das Fahrzeug bei ihm – dem Käufer – abzuholen. Auch verklagen kann der Käufer den Verkäufer bei seinem Wohnsitz und muss hierfür nicht extra zum Gericht des Sitzes des Händlers.

Der Rücktritt ist für den Autokäufer jedoch mit Nachteilen verbunden. Schließlich muss er die von ihm gezogenen Nutzungen – die Kilometerfahrleistung des Autos, was er in der Zwischenzeit genutzt hat – wertmäßig dem Verkäufer zurückerstatten. Der Rücktritt ist daher nicht zwingend das Mittel der .

Fordert der Käufer Schadensersatz, so kann er sich entscheiden. Entweder er verlangt Ersatz für den Schaden, der dem mangelbedingten Minderwert des Autos entspricht. Oft ist das der sog. „merkantile Minderwert“, etwa wegen eines unfallbedingten Vorschadens. Das entspricht dem Wert, mit dem auch gemindert werden kann. Der Autokäufer kann aber auch Schadensersatz statt der ganzen Leistung fordern, aber auch dies wieder nur Zug-um-Zug gegen Rückgabe des PKW und auch wieder gegen Zahlung der Nutzungsentschädigung. Das heißt, auch Schadensersatz ist nicht das erste Mittel der Wahl.

Das Mittel der Wahl bei arglistiger Täuschung

Handelte der Händler arglistig, kann der Kaufvertrag insgesamt wegen der arglistigen Täuschung angefochten werden. Dann ist der ganze Vertrag „bereicherungsrechtlich“ rückabzuwickeln. Der Käufer kann also die Erstattung des Kaufpreises verlangen und der Verkäufer die Rückgabe des Autos. Wichtig ist es, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung möglichst früh zu erklären. Kommt es nämlich zwischenzeitlich zu einer Verschlechterung des PKW – etwa weil das auf öffentlichen parkende PKW von einem unbekannten Dritten zerkratzt wurde, oder der Seitenspiegel gestreift wurde – ist der Käufer für den hierfür geringeren Wert des zurückzugebenden PKW nicht ersatzpflichtig (vgl. BGHZ 53, 144). Dies soll sogar dann gelten, wenn den Käufer am Untergang der Sache ein Verschulden traf (vgl. BGHZ 57, 137) mit dem Argument, dass ein bösgläubiger – weil arglistiger – Bereicherungsschuldner gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 BGB schlechter stehen muss als ein gutgläubiger. Aus demselben Grund schuldet der Käufer bei der Rückabwicklung infolge der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung keinen Nutzungsersatz.

Im Falle der arglistigen Täuschung, kommt es auch nicht mehr auf die Erheblichkeit des Mangels an; ein arglistig verschwiegener Mangel ist wie bereits dargelegt, immer erheblich. Die arglistige Täuschung soll schlichtweg bekämpft werden.

Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist daher das Mittel erster Wahl. Umso wichtiger ist es, frühzeitig prüfen zu lassen, ob ein Fall der arglistigen Täuschung vorliegt. Auch wenn kein Fall der arglistigen Täuschung vorliegt, gibt es wie dargelegt vielfältige Möglichkeiten. Hier ist es wichtig, nach der für den Mandanten besten Möglichkeit zu suchen, sowohl dahingehend, welcher Anspruch geltend gemacht wird, als auch dahingehend in welcher Höhe dieser geltend gemacht wird. So unterscheidet auch der Schadensersatz statt der Leistung etwa zwischen dem sog. „Reparaturaufwand“ und dem sog. „Wiederbeschaffungswert“.

Kann ein Autokaufvertrag auch widerrufen werden?

Ein weiteres sogenanntes Gestaltungsrecht ist auch der Widerruf. Dieser kann grundsätzlich gegenüber einem gewerblichen Fahrzeughändler erklärt werden, wenn das Neu- oder Gebrauchtfahrzeug ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erworben wurde. Die Widerrufsfrist beträgt regelmäßig 14 Tage ab Entgegennahme des Fahrzeugs. Der Vorteil beim Widerruf ist, dass es eines Grundes nicht bedarf. Der Widerruf kann auch völlig ohne Anlass erklärt werden. Der Autohändler hat sich nach dem Wunsch des Kunden zu richten und der PKW-Kauf rückabzuwickeln. Er hat das Fahrzeug wieder entgegenzunehmen und den Kaufpreis wieder zurückzuerstatten.

Bei einem finanzierten Fahrzeugkauf, der ein verbundenes Geschäft zwischen dem PKW Kaufvertrag und dem Darlehensvertrag darstellt, kann der Widerruf auch gegen den geschlossenen Kreditvertrag gerichtet werden. Davon abgesehen, dass Kreditverträge häufig aufgrund von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen auch nach Ablauf der 14-tägigen Frist weiterhin widerrufen werden können. Wirkt sich der Widerruf gegen den Darlehensvertrag auch auf den PKW-Kaufvertrag aus. Bei einem wirksamen Widerruf sind demnach beide Verträge rückabzuwickeln.

Falls Sie auch ein mangelhaftes Auto gekauft haben bzw. hierbei sogar meinen, Opfer einer arglistigen Täuschung durch einen Autohändler worden zu sein, steht die Kanzlei Posikow in Hamburg, Lübeck und auch bundesweit für Sie gern bereit. Melden Sie sich gern bei uns, wenn Sie Ihren PKW-Kaufvertrag auf Loslösungsmöglichkeiten prüfen lassen möchten.  Wir verhelfen Ihnen zu Ihrem Recht!

Weiterführende Information zum Verkehrsrecht finden Sie in den nachfolgenden Beiträgen:

Die Kanzlei Posikow betreut Sie im Verkehrsrecht, Verkehrsstrafrecht, aber auch im Schadensersatzrecht und Schmerzensgeldrecht in Hamburg, Lübeck und auch bundesweit.