Die Fahrerflucht, auch Unfallflucht genannt, ist nach § 142 StGB strafbar und wird im Verkehrsrecht als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort bezeichnet. Umgekehrt bedeutet dies auch, dass auch ein erlaubtes Entfernen vom Ort des Unfalls unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Um bereits den hartnäckigen Irrglauben aus dem Weg zu räumen: Die Visitenkarte oder einen Zettel mit seinen Daten zu hinterlassen reicht grundsätzlich nicht aus, selbst dann nicht wenn der Geschädigte sogar nach längerem Warten nicht auftaucht. Vielmehr ist der Schädiger erst dann auf der sicheren Seite, wenn er je nach Einzelfall die erforderliche Zeit am Ort des Verkehrsunfalls gewartet hat und er der Polizei den Vorfall und seine Kontaktdaten sowie Versicherungsdaten im Anschluss unverzüglich meldet. Eine gute Lösung stellt meistens das sofortige Herbeirufen der Polizei nach dem Verkehrsunfall dar.

Welches Verhalten ist regelmäßig strafbar?

Zu beachten ist, dass die Kollision nicht zwingend zwischen Kraftfahrzeugen und / oder Personen und Kraftfahrzeugen erfolgen muss. Auch die Beschädigung von Zäunen, Leitplanken oder anderen Objekten mit dem PKW kann zu einer Strafbarkeit führen, sofern sich der Betroffene vom Unfallort entfernt. Wichtig zu wissen ist, dass man auch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort bestraft werden kann, wenn man zum Beispiel einen fremden PKW beschädigt, ohne selbst Fahrer gewesen zu sein.

Im Jahre 2011 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. November 2011 – III-1 RVs 62/11 ), dass ein wegrollender Einkaufswagen auf einem öffentlichen Parkplatz, der gegen einen fremden Wagen prallt und einen Schaden verursacht, ebenfalls einen Unfall im Straßenverkehr darstellt.  Das Gericht argumentierte im wesentlichen, dass für ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort der Gebrauch eines Kraftfahrzeugs nicht erforderlich ist. Zumal das Beladen eines PKW unter Zuhilfenahme eines Einkaufswagens im weitesten Sinne ebenfalls ein „Verkehrsrisiko“ im ruhenden Verkehr fallen kann. Auch in solchen Fällen soll der Geschädigte davor geschützt werden, auf dem eigenen Schaden sitzen zu bleiben.

Auch das kurze Entfernen vom Unfallort und das anschließende Zurückkehren reicht bereits für eine Strafbarkeit aus. Sobald der Unfallverursacher sich aus der Hör- und Sichtweite des Unfallortes entfernt, besteht bereits die Gefahr, dass dieser von feststellungsbereiten Personen nicht mehr aufgefunden wird.

Das Entfernen ist erst regelmäßig nach Ergreifen der folgenden Maßnahmen strafrechtlich unbedenklich, wenn:

  • eine angemessene Zeit am Unfallort abgewartet wurde,
  • am Unfallort sich niemand zeigte, der ein Interesse an der Feststellung der Daten des Unfallverursachers hat
  • der Unfallverursacher im Anschluss sofort die Polizei informiert

Die Länge der Wartezeit hängt immer von den jeweiligen Umständen ab und sollte jedenfalls nicht unterschätzt werden. Die Rechtsprechung hält in vielen Fällen sogar eine Wartezeit von rund einer Stunde für angemessen und erforderlich.

Drohende Kosten und der Verlust der Fahrerlaubnis nach einer Fahrerflucht

Die drohende Strafe hängt oft von dem Ausmaß der Beschädigung ab oder ob Personen verletzt wurden.
Zwar wird es bei leichten Verkehrsunfällen häufig möglich sein, die Angelegenheit ohne eine mündliche Gerichtsverhandlung per Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft beenden zu lassen. Bedeutet dies jedoch nicht, dass dadurch die Strafe milder ausfällt. Auch per Strafbefehl kann und wird die Fahrerlaubnis häufig entzogen und dem Täter eine spürbare Geldstrafe auferlegt. Richtig teuer wird jedoch erst die anschließende Abwicklung des Vorfalls im Bereich Verkehrszivilrecht. Die Haftpflichtversicherer weigern sich häufig bereits im Vorfeld die Sachschäden und die Personenschäden des Geschädigten bei vorsätzlichem unerlaubten Entfernung vom Unfallort auszugleichen. Auch nach der Regulierung kann die PKW Versicherung den eigenen Versicherungsnehmer in Regress nehmen. In den Versicherungsverträgen ist die Leistungspflicht der Versicherungen für vorsätzliche Straftagen ausgeschlossen. Schließlich bedeutet die Verurteilung wegen Fahrerflucht bzw. Unfallflucht, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort vorsätzlich erfolgt sein musste. Dieses Vorsatzdelikt aus dem Verkehrsstrafrecht ist nicht nur eine Verletzung der Versicherungsbedingungen der KFZ Haftpflichtversicherung. Ein vorsätzlich strafbares Verhalten steht ebenso der Zahlungspflicht der Rechtsschutzversicherungen entgegen.

Was ist wenn ich den Unfall nicht bemerkt habe?

Die meisten Verfahren werden schon deshalb eingestellt, weil es schwierig ist den Vorsatz nachzuweisen. Sollte der vermeintliche Unfallfahrer den Unfall nicht bemerkt haben, so ist er natürlich nicht gemäß dem Verkehrsstrafrecht zu bestrafen. Das Bemerken lässt sich jedoch anhand vieler Kriterien häufig leicht feststellen. Entsprechend der nachfolgenden Kriterien wird grundsätzlich auszuschließen sein, dass der Unfall nicht bemerkt wurde. Dies gilt besonders wenn mehrere der Punkte kumulativ beispielsweise von Zeugen bestätigt werden.

  • Schädiger steigt aus dem PKW und begutachtet die Schäden noch am Unfallort
  • Wegfahren mit erhöhter Geschwindigkeit unmittelbar nach der Kollision
  • Ausschalten der Lichtanlage des PKW nach dem Unfall bei Dunkelheit
  • Hinterlassen der eigenen Daten am Unfallort und anschließendes Wegfahren ohne Einhaltung der Wartezeit
  • sich selbst belastende Aussage gegenüber der Polizei, die Hinweise auf das „Bemerken“ enthalten
  • u.a.

Insbesondere wenn dem vermeintlichen Schädiger überraschend die Benachrichtigung der Polizei oder Staatsanwaltschaft zugeht, dass nunmehr ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, ist es umso wichtiger sofort einen Rechtsanwalt für Verkehrsrecht zu kontaktieren. Sich selbst zu dem Vorwurf zu äußern führt in den meisten Fällen – schlimmstenfalls vor Gerichtzu erheblichen Nachteilen. Der Rechtsanwalt wird zunächst die Ermittlungsakte der Behörde einholen und kann anhand dessen eine Verteidigungsstrategie entwickeln. Dies ist für Privatpersonen ohne Anwalt nicht möglich, da diese kein Recht auf Akteneinsicht haben.

Gelangt die Ermittlungsbehörde zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Vorfall um ein fahrlässiges Verhalten handelte, haftet der Unfallfahrer nicht nach dem Verkehrsstrafrecht, sondern grundsätzlich nach dem zivilrechtlichen Verkehrsrecht.

Zusammenfassend kann nur dringend von einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort abgeraten werden. Sollte es tatsächlich zu einem Unfall oder einer Beschädigung kommen, kann die Fahrerflucht gravierende finanzielle Folgen haben, neben dem Verlust des Führerscheins und der Fahrerlaubnis für eine Dauer vom mindestens 6 Monaten. In den meisten Fällen gibt es einen Zeugen, der das Geschehen etwa von der anderen Straßenseite oder aus einem Fenster beobachtet hat, sich das Nummernschild notiert und die Fahrerflucht der Polizei gemeldet hat.

Dabei hat der Schädiger regelmäßig nicht viel zu befürchten, solange dieser sich nicht unerlaubt vom Unfallort entfernt. In solchen Fällen regulieren die Versicherungen die Schäden und es wird höchstens die Selbstbeteiligung zu zahlen sein. Oft muss auch die Erhöhung der Versicherungsprämie hingenommen werden, welches vergleichsweise jedoch zu verschmerzen ist. Selbstverständlich muss die Versicherung über einen derartigen Vorfall informiert werden. Hierzu ist man auch ohne Unfallflucht bzw. Fahrerflucht vertraglich verpflichtet. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass der Unfallgeschädigte auf eine Meldung seinerseits oder auf einen Ersatz des Unfallschadens zunächst verzichtet; schließlich könnte er es sich noch anders überlegen.

Statt mit unüberlegten Aussagen, den Weg für einen ungewollten Prozess bzw. eine Haftung zu ebnen, sollte unverzüglich noch am Unfallort ein Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Verkehrsrecht konsultiert werden, bevor die Versicherung kontaktiert wird. Selbstverständlich ist die Polizei oder ein Krankenwagen sofort nach dem Unfall herbeizurufen, bevor um rechtliche Hilfe ersucht wird.

Falls Sie auch in einen Verkehrsunfall verwickelt wurden oder Ihnen Fahrerflucht vorgeworfen wird, steht die Kanzlei Posikow in Hamburg, in Lübeck und auch bundesweit für Sie gern bereit.  Wir verhelfen Ihnen zu Ihrem Recht!

Die Kanzlei Posikow betreut Sie gerne im Verkehrsrecht, Verkehrsstrafrecht, aber auch im Schadensersatzrecht und Schmerzensgeldrecht in Hamburg, Lübeck und auch bundesweit. Die Betreuung Ihrer verkehrsrechtlichen Angelegenheit kann auch auf Englisch und Russisch erfolgen.