Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat aktuell bei einem Parkplatzunfall entschieden (Urteil vom 07.03.2017, Az.: I-1 U 97/16), dass Vorfahrtsregeln („rechts vor links“) und erhöhte Sorgfalts- und Rücksichtspflichten auch auf privaten Parkplätzen gelten. Dafür müssen die Fahrbahnen auf dem Parkplatz grundsätzlich nicht nur dem „Suchverkehr“ dienen, sondern auch „Straßencharakter“ haben. Hierbei kommt es im Falle eines Parkplatzunfalls unter Abwägung der sog. Verursachungsbeiträge zu einer Haftungsverteilung.

Was gilt generell beim Parkplatzunfall?

Es ist anerkannt, dass auf öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen die Regeln der StVO gelten. Das hat u.a. der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.12.2015 (Az.: VI ZR 6/15) entschieden. Zu nennen sind hierbei auch die Urteile des OLG Hamm vom 29.08.2014 (Az.: 9 U 26/14) und des OLG Saarbrücken vom 02.02.2017 (Az.: 4 U 148/15).

Entscheidend für die Haftung bei einem Parkplatzunfall ist zunächst die Frage, ob nach Maßgabe der baulichen Anlage und des äußeren Erscheinungsbildes die Fahrbahn die Charakteristik einer regulären Straße hat, also nicht nur der Parkplatzsuche, sondern allein der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge dient. Vergleichbar mit einer Durchfahrtsstraße im Bereich der LKW- Stellplätze auf einem Autobahnrastplatz. Nur dann gilt der Vertrauensgrundsatz zugunsten des „fließenden“ Straßenverkehrs.

Entscheidend ist hierbei auch, ob auf dem privaten Parkplatzgelände eine Fahrbahn gegenüber einer anderen bevorrechtigt ist, woraus sich ein Vorfahrtsrecht ergäbe. Hierzu bedarf es aber einer eindeutigen baulichen Gestaltung bzw. Markierung einer „Hauptstraße“.

Immer dann, wenn eine Fahrbahn sowohl Straßencharakter hat, als auch dem Suchen von Parkplätzen dient und keine Bevorrechtigung gegeben ist, gelten erhöhte Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten. Ein einseitiges Verschulden eines Fahrers wäre damit regelmäßig abzulehnen. Es wird bei einem Parkplatzunfall anders als im fließenden Verkehr regelmäßig zu einer Haftungsverteilung nach u.a. dem Verursachungsbeitrag kommen. Dabei wird auch die Betriebsgefahr des KFZ grundsätzlich zu berücksichtigen sein. Umso wichtiger ist es, im Falle eines Parkplatzunfalls einen Rechtsanwalt einzuschalten, um auch im Hinblick auf die Versicherung nicht allein für die Schäden zu haften.

Bedeutung für die Praxis

Klarstellend ist das neue Urteil des OLG Düsseldorf im Hinblick auf das Verhalten eines „Idealfahrers“ auf einem Parkplatz.

Das juristische Konstrukt des „Idealfahrers“ wird im Verkehrsrecht als Maßstab für die Einschätzung der Vermeidbarkeit eines Unfalls im Straßenverkehr herangezogen. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass ein „Idealfahrer“ lediglich ein Gedankenspiel darstellt und grundsätzlich im alltäglichen Straßenverkehr nicht existiert.

Das bedeutet, dass der Autofahrer seine Fahrgeschwindigkeit nach den Regeln der StVO den besonderen Verhältnissen auf dem Parkplatz anpassen muss, also mit Schrittgeschwindigkeit (bis zu 7 km/h) in ständiger Bremsbereitschaft fahren muss. Im entschiedenen Fall ist der Beklagte mit einer Geschwindigkeit von 28 km/h gefahren und damit zu schnell.

Der Autofahrer muss aber auch die erhöhten Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten beachten, die für ihn gelten. Das bedeutet, dass man angesichts der örtlichen Verhältnisse auf einem Parkplatz nicht uneingeschränkt, quasi blind, auf sein Vorfahrtsrecht vertrauen oder bestehen darf. Vielmehr muss man damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer ggf. ihrer Wartepflicht nicht nachkommen werden. Damit muss auch aus dieser Perspektive die Fahrgeschwindigkeit so angepasst werden, dass noch unfallvermeidend reagiert werden kann. Beachtet man dies nicht und fährt seinerseits zu schnell, kommt es im Falle eines Parkplatzunfalls zur quotenmäßigen Haftungsverteilung. Maßgeblich hierfür ist zum einen der Verstoß gegen die Vorfahrtsregel und zum anderen das (beiderseitige) Überschreiten der auf dem Parkplatz gebotenen Höchstgeschwindigkeit und die Betriebsgefahr.

Welche Schäden können regelmäßig geltend gemacht werden?

Die möglichen Schadenspositionen im Falle eines Parkplatzunfalls sind die konkreten oder fiktiven Reparaturkosten, der Wiederbeschaffungswert (der Marktwert des PKW), die sog. „merkantile“ Wertminderung bzw. Minderwert (Wiederbeschaffungswert Minus Restwert = merkantile Minderwert), die Sachverständigenkosten (Gutachter), ggf. der Nutzungsausfall sowie ggf. An- und Abmeldekosten des PKW bei der KFZ Zulassungsstelle. Häufig kommt bei Personenschäden auch ein Schmerzensgeld in Betracht. Selbstverständlich können auch die notwendigen Kosten für einen Rechtsanwalt geltend gemacht werden.

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